Der Sema’ ist das auffälligste Merkmal der Mevlevi-Derwische. Fast jeder kennt das Ritual der sogenannten „Tanzenden Derwische“, die Muqabele. In vier Abschnitten, „Selam“ genannt, begleitet von Musik und nach einem musikalischen Vorspiel, entfaltet diese spezielle Meditation ihren besonderen Zauber. In weiten weißen Gewändern drehen sich die Sema’zen, das sind diejenigen, die den Sema’ ausführen, mit ausgebreiteten Armen um die eigene Achse und im Kreis, die Köpfe mit hohen Filzmützen bedeckt, folgen sie dem Rhythmus der Musik, um dann plötzlich inne zu halten und mit dem nächsten Einsetzen der Musik das Kreisen wieder aufzunehmen.
Es wird und wurde viel geschrieben über die Bedeutung dieses Rituals. Für die Mevlevis selber war es eher ein Sahnetüpfchen auf ihrem Alltag, auch wenn es heute Außenstehenden so erscheinen mag, als wäre es das wichtigste und zentrale Ritual. Nach unserer Kenntnis und Erfahrung handelt es sich um ein Auferstehungsritual, dem entspricht auch die Symbolik der Kleidung: Die Sema’zen betreten den Raum in langen schwarzen Mänteln, diese stehen für das Grab und die Filzmützen für die Grabsteine. Wenn das Ritual beginnt, werfen die Tänzer ihre Mäntel ab, d.h. sie steigen aus den Gräber herauf und beginnen im Weißen Gewand, das ist das Leichentuch, sich um sich selbst und im Kreise zu drehen.
Dieses Ritual entwickelte sich nach dem Tode des Pirs Maulana Dschelaleddin Rumi unter seinen Nachfolgern. Zu Zeiten Hz. Pirs war das Drehen ein spontaner Akt, so wie es ihm auch selbst ergangen war, als er in der Straße der Goldblattschläger davon ergriffen wurde und sich unversehens zu drehen begann. Diese stellten Blattgold her, in dem sie in Leder verpackte Goldblättchen, zwischen Pergamentseiten gebündelt, mit schweren Hämmern stundenlang bearbeiteten und begleiteten diese Arbeit mit einem Zikr mit „Al-lah“ (das edelste Material verlangt nach dem edelsten Namen). Aus dem inneren Zustand des Pirs entstand die Bewegung, ausgelöst durch dumpfe Schläge wie Trommelklang und rhythmisches Wiederholen des Ism-i Dschelals, d.h. „Al-lah“.
Zur Zeit Hz. Pirs wurde in den Versammlungen seiner Schüler und Anhänger oft Gedichte vorgelesen, z.B. Kasiden (Lobgedichte auf den Propheten Muhammad, s.a.w.s.) gesungen und die spezielle Art des Vortrags und die Bedeutung der Worte, ergriff die Zuhörer im Innersten, so dass mancher so hingerissen war, dass er auf die Beine sprang und sich drehte und drehte, bis die Rezitation ein Ende fand. Im Herzen der Menschen fanden die Gedichte Resonanz und die Bewegung war Ausdruck der inneren Bewegung.
Für uns Heutige ist dieser Weg oft nicht mehr nachvollziehbar. Einerseits fehlen uns die sprachlichen Voraussetzung und oft auch die kundigen Rezitatoren. Andererseits sind unsere inneren Zustände oft meilenweit entfernt von absoluter Offenheit, die Spiegel unserer Herzen sind nicht blank, sondern mit allerlei Belag verdreckt, so dass kaum Resonanz entstehen kann.
Wenn wir den Sema’ üben wollen, müssen wir also zunächst an unserem inneren Zustand arbeiten. Neben dem Erlernen der Drehtechnik, wie sie im Ritual verwendet wird, steht also die Klärung und Reinigung des Herzens im Vordergrund. Das ist der Inhalt dieser Übungsgruppe. Nach einem Einführungswochenende arbeitet jeder zu Hause mit seinen bestimmten Übungen (wazifa), d.h. Wiederholungen verschiedener Gottesnamen. Diese Übungen folgen einer überlieferten Form und sind an bestimmte Bedingungen der Durchführung gebunden. Einmal im Monat erfolgt ein Gespräch mit Efendi, um den Ist-Zustand zu erkennen und den nächsten Schritt einzuüben.
Veranstaltungsorte
In Trebbus:
Die Treffen der Sema‘-Übungsgruppe finden monatlich statt, immer nach dem Zikr am letzten Sonntag im Monat (außer im August und Dezember).
In Roderath / Eifel:
Die Gruppe trifft sich hier alle 2 Monate.
Wer an dieser Übungsgruppe teilnehmen will und noch kein Mitglied im Trägerverein der Mevlevihane ist, übernimmt eine Fördermitgliedschaft für die Dauer der Übungsgruppe. Der Mindestbeitrag von monatlich 50 € gilt nur für die Mitglieder der Sema‘-Übungsgruppe.
Hinweis: Die Teilnahme an LGM und dieser Übungsgruppe zur gleichen Zeit ist in der Regel nicht möglich.