Hazreti Mevlânâ Muhammad Dschelaleddin Rûmî [qs]
Das Leben von Hz. Mevlânâ [qs]
Hz. Mevlânâ Muhammad Dschelaleddin (q.s.f.) wurde wahrscheinlich am 30. September 1207 in Balkh im heutigen Afghanistan geboren. Manche gehen auch von 1201 oder 1203 aus.
Sein Vater war Muhammad Baha‘ ad-Din Walad (q.s.) (Baha’ad-Din – Glanz der Religion.) Sohn von Huseyin Khatibi und seine Vorfahren gehen auf Hz. Abu Bakr (r.a.) zurück. Seiner Mutter war Mumine Khatun (Mu´mina – die Gläubige) eine Tochter des Khwarizm–Schah, dem Herrscher von Balkh.
Hz. Baha‘ ad-Din Walad (q.s.)
Hz. Baha‘ ad-Din Walad (q.s.) nannte man auch den Sultan al-Ulema. Er war einer der größten Gelehrten seiner Zeit.
Aufgrund von Auseinandersetzungen mit Gelehrten und dem Khwarizm–Schah, die die philosophischen Standpunkte des Gelehrten Fahraddin Razi vertraten, die er nicht teilte, und vielleicht auch wegen der Bedrohung durch die Mongolen verließ er mit seiner Frau Mumine Khatun, seinem älteren Sohn Alaadin Muhammad, seinem jüngeren Sohn Muhammad Dschelaleddin und einigen seiner Schüler um das Jahr 1221 die Stadt Balkh um offiziell auf Pilgerfahrt nach Mekka zu gehen.
Hz. Mevlana war zu dieser Zeit zwischen 14 und 21 Jahren alt.
1. Zwischenstation war Nischabur (Iran) ein bedeutendes geistiges Zentrum dieser Zeit. Hier trafen sie mit Faridaddin Attar (gest. 1220 ? ), der ebenso wie Hz. Baha‘ ad-Din Walad Scheich der Kubrawiyya und Schüler von Nadschmaddin Kubra war, zusammen. Dabei soll Faridaddin Attar, der die spirituelle Größe des jungen Dschelaleddin erkannte, ihm ein Exemplar seines Buches Asrarname überreicht haben.
Die nächste größere Zwischenstation war Bagdad, die damalige Hauptstadt der Abbasiden. Wo Scheich Suhrawardi (gest. 1235, Autor von Awarif al-Ma´arif) ihm seine Aufwartung machte. Auch das Angebot des Kalifen im Palast zu wohnen sowie das Geldgeschenk schlug er aus, da der Kalif fragwürdigen Lastern nachging. Er predigte in der größten Moschee Bagdads und blieb nur 3 Tage.
Dann reisten sie weiter nach Mekka, vollzogen die Pilgerfahrt und besuchten danach Jerusalem und die Al-Aqsa Moschee.
Von hier aus reisten sie weiter nach Damaskus wo Hz. Baha‘ ad-Din Walad mit bedeutenden Gelehrten zusammen traf.
Dann ging es mit mehrtägigem Aufenthalt in Aleppo weiter nach Erzincan wo sie vom Mangujah–Sultan empfangen wurden, der die Gelehrten sehr schätzte. Hier blieben sie einige Zeit in einer Madrasa.
In Larende
Schließlich zogen sie über Sivas, Kayseri und Nigde nach Larende ( Karaman ).
Der Emir von Larende Musa baute ihm eine Madrasa ( Akademie ) in der er und seine Familie Quartier nahm und er Vorlesungen hielt und predigte. Hz. Baha‘ ad-Din Walad fühlte sich wohl in Larende. Im Frühjahr 1225 heiratete Hz. Mevlânâ in Larende Gever Khatun, die Tochter von Scharafaddin Lala aus Samarkand ein von Hz. Baha‘ ad-Din Walads liebsten Schülern. Kurz danach starb Mumine Khatun, die Frau von Hz. Baha‘ ad-Din Walad und kurz darauf sein ältester Sohn Alaaddin Muhammad. Auch die Frau von Scharafaddin starb bald.
Sie verbrachten 7 Jahre in Larende. In dieser Zeit wurden auch Hz. Mevlanas Söhne Sultan Walad (nach seinem Vater) und Alaadin Dschelebi (nach seinem Bruder) ( gest. 1262) geboren.
In Konya
Dann lud der Sultan der Rum Seldschuken Alaadin Kaykubad ihn in seine Hauptstadt Konya ein, der Hz. Bahaadin Walad (q.s.) folge leistete. Der Sultan war sehr gebildet und unterstützte großzügig die Gelehrten und die Wissenschaft. Im Frühling 1229 erreichten sie Konya und nahmen Quartier in Altan Aba, dem größten Seminar der Stadt, und predigte in der Alaadin Moschee. Der Sultan schätzte Hz. Bahaadin Walad (q.s.) sehr (vermutlich war er auch sein Derwisch geworden) und ließ ihm eine größere Madrasa bauen.
1229 starb Hz. Mevlânâs Frau Gever Khatun.
Bald danach heiratete er die Witwe Karra Khatum (gest. 1292). Sie brachte einen Sohn, Schamsaddin Yahya, mit in die Ehe. Sie und Mevlânâ bekamen noch einen weiteren Sohn – Muzaffaraddin Amir Alim Dschelebi (er diente dem Sultan als Schatzmeister – gest. 1277) und eine Tochter Malika Khatun (sie heiratete den Geschäftsmann Schihabaddin aus Konya; beide wurden vor dem Grab von Hz. Mevlânâ begraben).
Bahaadin Walad (q.s.) starb im Winter am 12. Januar 1231 , 2 Jahre nach seiner Ankunft in Konya im Alter von 85 Jahren. Er hinterlies ein 3-bändiges Werk in persischer Sprache mit dem Titel Ma´arif – eine Zusammenstellung von Vorträgen und Predigten.
1 Jahr nach dem Tod von Hz. Bahaadin Walad (q.s.) kam sein Schüler Hz. Sayyid Burhaneddin Muhaqqiq Tirmidi (q.s.) (gest. 1245) nach Konya um seinen Scheich zu besuchen. Hier erfuhr er, dass sein Lehrer schon verstorben war. Schon in Balkh war er für die Erziehung Hz. Mevlânâs verantwortlich gewesen. Nun wurde er Hz. Mevlanas spiritueller Lehrer.
Hz. Sayyid Burhaneddin Muhaqqiq Tirmidi (q.s.)
Über ihn ist wenig bekannt. Er stammte von Huseyin, dem Enkel des Propheten Muhammad (s.a.w.s.), ab.
Er habe Wunderkräfte besessen und gewusst, was sich in den Herzen der Menschen verbirgt.
Er sagte die Ankunft von Hz. Schams i-Tabrizi (q.s.) voraus, ohne seinen Namen zu nennen. Sein Beiname war „Sayyid-i Sirrdan“ (der die Geheimnisse kennt).
Hz. Sayyid vertrat die Auffassung, ein Insan Kamil (Vollkommener Mensch ) müsse ein belesener, gebildeter Wahrheitssucher sein und von der Liebe zu Gott durchdrungen sein. Ihn (Gott) als Freund zu akzeptieren um selbst von Gott geliebt zu werden.
Er lehrte Hz. Mevlânâ die Gebete und Zikr der Kubrawiyya und schickte ihn 40 Tage ins Khulwa. Zur Erweiterung seiner Kenntnisse in Religion und Rechtswissenschaften schickte er Hz. Mevlânâ nach Aleppo und Damaskus.
In Aleppo studierte er an der Khalawiyya-Madrasa bei Kamaladdin, dem anerkanntesten Lehrer in islamischem Recht, auch er hatte Hz. Mevlânâs Vater gekannt und schätzte ihn sehr.
Danach verbrachte er 4 Jahre in Damaskus. Hier wohnte er in der Maqdisiyya-Madrasa. Viele Gelehrte und Sufis waren nach Damaskus vor den Mongolen geflüchtet. U.a. studierte er die Lehren von Ibn al-Arabi, der zu dieser Zeit auch in Damaskus weilte.
Nach dieser Zeit ging er nach Kayseri wo sein Scheich Sayyid Burhanaddin (q.s.) zwischenzeitlich weilte und kehrte mit ihm gemeinsam nach Konya zurück, wo die Ausbildung von Hz. Mevlânâ fortgesetzt wurde.
Nachdem er Hz. Mevlânâ alles vermittelt hatte, was ihm möglich war, bat er Hz. Mevlânâ ihn aus seinem Dienst zu entlassen und nach Kayseri gehen zu dürfen.
Folgende Geschichte ist überliefert:
Hz. Mevlânâ wollte ihn nicht gehen lassen. Doch er ging trotzdem. Unterwegs strauchelte sein Pferd und warf ihn ab, wobei er sich so den Fuß verletzte, dass er nach Konya zurückkehren musste. Dort ging er zu Hz. Mevlânâ und fragte ihn, warum er ihn nicht ziehen lassen wolle. Hz. Mevlânâ flehte ihn an: „Mein Scheich, warum willst du mich verlassen?“
Er antwortete: „Ein starker Löwe ist nach Konya gekommen. Auch ich bin ein starker Löwe. Zwei Löwen können sich unmöglich in ein und der selben Stadt aufhalten. Wir kommen nicht miteinander aus, deshalb möchte ich fortgehen.“ Hz. Mevlânâ küsste ihm die Hände und ließ ihn ziehen.
In Kayseri wurde er begeistert willkommen geheißen. Die Würdenträger der Stadt überhäuften ihn mit Geschenken, doch er gab alles an Bedürftige weiter. Er lebte sehr zurückgezogen in einer Tekke, wo Hz. Mevlânâ ihn gelegentlich besuchte.
Von den Bewohnern Kayseris wurde Hz. Sayyid eingeladen das Gebet zu leiten. Er nahm diese Einladung an, stand dann aber oft Stunden lang im Gebet und als er merkte, dass er die Leute überforderte, bat er sie mit folgenden Worten von seiner Pflicht zu entbinden: „Estafirullah, in der Gegenwart Gottes verliere ich mich. Ich tauge nicht als Iman, ihr findet sicher eine Besseren.“
1 Jahr nach seiner Rückkehr nach Kayseri im Jahre 1241 merkte er, dass er bald sterben werde. Er machte ein Ghussl und bat seinen Diener zu verkünden, dass der bedauernswerte Sayyid die Welt verlassen hat. Darauf zog er sich zurück und sprach sein letztes Gebet:
„Großer Gott und Freund! Nimm mich und mein Leben an! Befreie mich von mir! Befreie mich von den beiden Welten! Es verlangt mich nach Dir. Befreie mich von allem. Was nicht mit Dir ist!“
Hz. Sayyid Burhanaaddin wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung von Kayseri begesetzt.
Als Hz. Mevlânâ von seinem Tod erfuhr eilte er nach Kayseri um an seinem Grab zu beten. Die Bücher von Hz. Sayyid Burhanaaddin u.a. sein berühmtes Maqalat wurden ihm übergeben.
Nach dem Tod von Hz. Sayyid Burhanaaddin Tirmidi begann Hz. Mevlânâ in der Madrasa von Konya Vorlesungen zu halten und Studenten zu unterrichten aber auch Muride auf dem Weg zu begleiten. Man verlieh im den Titel Sultan al urafa ( – der Wissenden). Er wurde verehrt als vortrefflicher Muslim und Insan kamil: Vollkommen in seiner Gottesverehrung, seiner Hingabe in Fasten und Gebet, seiner Tugend, seiner Menschlichkeit, Güte, Bescheidenheit, Gelehrsamkeit, seinem Tadellosen Lebenswandel und seiner Hingabe auf dem Wege unseres Propheten Muhammad (s.a.w.s.).
Auf dieser Stufe begegnete er Hz. Schams-i Tabrisi.
Hz. Schams-i Täbrisi
Sohn von Ali, Sohn von Malikdad, in Täbriz geboren (Azeri-Türke?).
Aus dem Maqalat von ihm geht hervor, dass er sehr gebildet war und mit Tafsir, Hadith und allen Wissenschaften seiner Zeit vertraut war. Er war ein Reisender ohne weltliche Habe, der nie lange an einem Ort blieb. Man kannte ihn auch als „Shams-i Perende“ ( – der Fliegende) oder als „Kamil-i Täbrizi“ (vollkommener aus Täbriz).
Er scheute die Öffentlichkeit und zog es vor, unerkannt zu bleiben. Wenn man ihn erkannte, verließ er fluchtartig die Stadt. Er wohnte nie in Tekken oder Madassen sondern in Gasthäusern. Achtete darauf, dass sein Zimmer stets verschlossen war (obwohl er wenig besaß) und kleidete sich wie ein gewöhnlicher Händler. Er lehnte es ab, die schönen traditionellen Gewänder der Scheiche zu tragen.
Sipehsalar Feridun Ahmad (gest. 1284) beschreibt ihn als :
Einen der wenigen Menschen, denen die Nähe Gottes schon zu Lebzeiten zuteil wurde. Den Sultan der besonders rechtschaffenen Menschen. Säule der Wissenden. Erbe des Propheten und die Krone der Gottesverehrer. Er vergleicht Hz. Schamz in seiner Beziehung zu Gott mit Musa a.s. und seinen Lebensstil mit Isa a.s.
Wahrscheinlich war Hz. Schams Scheich der Kubrawiyya und ein Schüler von Baba Kamal, der ein Schüler von Hz. Nadschmaddin Kubra gewesen war (anderer Akhabariyya-Zweig der Khalwatiyya).
Er selbst berichtet im seinem Maqalat nur von Scheich Abu Bakr aus Täbriz:
„Ich habe mich von Täbriz aus auf den Weg gemacht, um einen spirituellen Führer zu suchen. Ich habe die Stadt verlassen, konnte aber keinen finden. Das Universum ist nicht leer, also muss es doch irgendwo jemanden geben… In Täbriz hatte ich eine Scheich namens Abu Bakr, er flocht Körbe und lebte davon. Ich profitierte sehr von ihm. Aber da war etwas in mir, das mein Scheich nicht sah. Auch niemand sonst konnte es sehen. Ich habe ihn verlassen, und das tat mir sehr Leid.“
Auf seiner Wanderschaft begegnete er vielen Scheichen, fand aber nirgends was er suchte. Es missfiel ihm besonders, wenn sie nicht nach den islamischen Prinzipien lebten.
Maqalat: Erst gestern ist er aus dem Schoß seiner Mutter hervorgegangen, und heute schon sagt er: Ich bin die Wahrheit! Wie kann jemand, der von dieser oder jener Frau zur Welt gebracht wurde, ernsthaft behaupten, er sei die Wahrheit? Die meisten Scheiche versündigen sich an der Religion Muhammads. Sie versperren den Menschen den Weg.
Die Begegnung mit Hz. Schams-i Täbrizi
Hz. Schams war in der Nacht in Konya angekommen und setzte sich vor dem Gasthaus der Reisbauern auf einen Divan. Hz. Mevlânâ ging am nächsten Morgen aufgrund einer Eingebung zu diesem Gasthaus und erkannte in Hz. Schams den, der ihm im Traum erschienen war. Er setzte sich schweigend zu Hz. Schams auf den Divan. Nach einiger Zeit entspann sich folgender Wortwechsel:
- Hz. Schams: Wer ist bedeutender, der Prophet Muhammad (s.a.w.s.) oder Bayazid Bistami?
- Hz. Mevlânâ: Was für eine Frage, natürlich ist der Prophet Muhammad (s.a.w.s.) bedeutender.
- Hz. Schams: Das stimmt, aber Muhammad sagte: Manchmal verdunkelt sich mein Herz. Deshalb suche ich 70 mal Zuflucht bei meinem Gott und bitte Ihn um Verzeihung. Bayazid hingegen sagte Ich befreie mich von allen unvollkommenen Eigenschaften. Wie erhaben meine Erschaffung und meine Erscheinungsformen doch sind! Außerdem: Unter dem Gewand, das ich trage, existiert nichts anderes als Gott. – Er selbst betrachtete sich als höher stehend. Was hältst du davon?
- Hz. Mevlânâ: Muhammad (s.a.w.s) ließ Tag für Tag 70 Stufen hinter sich. Und jedesmal, wenn er eine höhere Stufe erreichte, schämte er sich für seine Zustand auf der vorangegangenen niedrigeren Stufe und bat Gott um Verzeihung Bayazid hingegen geriet schon auf der aller ersten Stufe in Verzückung. Er verlor sich selbst, deshalb hat er so etwas behauptet.
Nach diesem Wortwechsel umarmten sie sich und zogen sich für Monate in Dschelaleddins Zimmer zurück. Sie erkannten sich und die Wahrheit in ihrem Gegenüber. Der eine war des anderen Spiegel. Keiner war dem anderen überlegen. Sie ergänzten sich in vollkommener Weise. Bisher hatte Hz. Mevlânâ seine Zeit mit dem Studium der Bücher und dem Lehren in der Madrasa verbracht. Jetzt zog er sich von all dem zurück und verbrachte seine Zeit fast ausschließlich mit Hz. Schams.
Hz. Schams war der Meinung, dass die Einsicht des Herzens nicht in Büchern zu finden ist und versprach sich von der Inspiration durch Gott (Sunuh) mehr als von verstandesmäßigem Wissen, das irgendwann ohnehin vergessen werde und schwer auf den Schultern der Menschen laste und ihr Nafs nur unnötig auf blähe.
Hz. Schams half Hz. Mevlânâ sein Innerstes zu enthüllen und sie teilten ihre tiefsten Empfindungen miteinander.
Bald reagierten die Menschen auf die Vorenthaltung von Hz. Mevlânâ mit Eifersucht, und es wurden Gerüchte in die Welt gesetzt. Als Hz. Schams bemerkte, dass die Dinge zu eskalieren drohten, verschwand er eines Tages ganz plötzlich. Am 15. Februar 1246 (nach 15 Monaten und 20 Tagen).
Hz. Mevlânâ war zunächst schockiert und distanzierte sich von denen, die für das Weggehen von Hz. Schams verantwortlich waren. Als diese dann aber aufrichtig bereuten, vergab er ihnen.
Als Hz. Mevlânâ dann einige Zeit später von Hz. Schams aus Damaskus einen Brief erhielt, bat er ihn wieder zurück zu kommen. Schließlich schickte er seine Sohn Sultan Walad nach Damaskus um Hz. Scams zur Rückkehr zu bewegen: „Sei du mein Bote. Pflastere seinen Weg mit diesem Geld, und frag ihn in meinem Namen, ob ich ihm etwas Gutes tun kann, diejenigen, die ihn schlecht behandelt haben sind reumütig. Sorge dafür, dass er uns einen Gefallen erweist und zurückkommt.“
Hz. Schams sagte darauf: „Was schickt mir dieser Mensch mit dem Charakter Muhammads Geld, wo mir doch schon sein Wunsch Befehl ist.“
Am 8. Mai 1247 kehrte Hz. Schams nach Konya zurück.
Auch Hz. Schams verzieh seinen Widersachern, und zunächst ging alles gut. Bis dann die Stimmung wieder umschlug und es erneut zu Hetzkampagnen gegen ihn kam.
Hz. Schams reagierte darauf mit den Worten: „Wenn ich diesmal fortgehe, wird niemand meine Spur finden. Ich werde verschwinden, die Zeit wird vergehen, und nicht einmal der Staub einer Spur wird zurückbleiben. Sie werden sagen: Einer seiner Feinde muss ihn getötet haben.“
Hz. Mevlânâ verheiratete Kimya Khatun mit Hz. Schams. Doch seine Frau, die er sehr liebte verstarb bald nach der Hochzeit. (Eifersucht von seinem Sohn Alaadin ? ). Der Tod seiner Frau und das üble Gerede zermürbten ihn.
An einem Donnerstag im Dezember 1247 ging er dann für immer.
Über sein Verschwinden gibt es verschiedene Versionen.
Nach Aflaki – saßen Hz. Schams u. Mevlana zusammen als man nach ihm rief. Hz. Schams soll gesagt haben: „Sie rufen mich zum Sterben.“ Nach einer kleinen Pause zitierte Hz. Mevlânâ den Koranvers: „Seht euer Herr ist Allah, der die Himmel und die Erde in sechs Tagen erschuf.“ (7:54 )
Hz. Schams ging hinaus und kehrte nicht mehr zurück. Hz. Mevlânâ war untröstlich und suchte nach Hz. Schams. Er ging nach Damaskus um dort nach ihm zu suchen (wo er nebenbei viele Schüler fand). Es ist überliefert, dass er jedem, der berichtete, Hz. Schams gesehen zu haben, etwas gab und wenn er nichts mehr hatte, sogar seine Kleider verschenkte.
Im Ma´arif von Sultan Walad gibt es folgende Geschichte: Jemand erzählte, er habe Hz. Schams gesehen. Hz. Mevlânâ gab ihm dafür das Gewand, das er trug. Da warnte man ihn: der Mann lügt. Warum schenkst du ihm dein Gewand? Hz. Mevlânâ entgegnete: „Was ich ihm gab, war für seine Lüge. Hätte er die Wahrheit gesagt, ich hätte ihm mein Leben geschenkt.“
Es gab auch Gerüchte, dass Hz. Schams ermordet worden war, und sein eigener Sohn Alaadin Dschelebi stand in Verdacht damit zu tun zu haben.
Von Sultan Walad wird berichtet, dass ihm Hz. Schams im Traum erschien und ihm erzählte, dass man ihn in einen Brunnen geworfen habe. Sultan Walad ging dort hin und fand die Leiche und begrub sie in der Madrasa neben dem Erbauer Amir Badraddin Govhertasch.
Schließlich gab Hz. Mevlânâ die Hoffnung auf, Hz. Schams je wieder zu sehen. Dafür gab er seinen Gefühlen in Poesie voller Liebe und Sehnsucht Ausdruck, und fand den Freund in seinem Herzen wieder.
Doch dann fand Hz. Mevlânâ einen neuen Freund, der ihm half, der spirituellen Einsamkeit zu entfliehen und Frieden und Gelassenheit zu finden:
Scheich Salahaddin Zarqubi aus Konya
Er wurde in einem Dorf am Beyschehir See in der Nähe von Konya geboren. Sein Vater hieß Yagi Hassan und war Fischer.
Hz. Salahaddin wurde in Konya zum Goldblattschläger ausgebildet und hatte dann eine eigene Werkstatt.
Er war Schüler von Hz. Sayyid Burhanaddin Tirmidi und wurde von ihm zum Scheich und Stellvertreter ernannt.
Im Manaqib al-Arifin schreibt Aflaki:
Hz. Sayyid sagte: „Mein Scheich, der Sultan al-Ulama machte mir 2 große Geschenke: Die Gabe, mich gut ausdrücken zu können und schöne Zustände. Die Gabe des Guten Ausdrucks habe ich an Mevlana Dschelaleddin weiter gegeben, da er bereits über schöne spirituelle Zustände verfügte. Die schönen spirituellen Zustände habe ich an Scheich Salahaddin weitergegeben, da er ihrer bedurfte.“
Hz. Salahaddin war Analphabet.
Nach dem Tod von Hz. Sayyid Burhanaddin 1239 aber noch vor der Ankunft von Hz. Schams 1244 soll sich folgendes ereignet haben:
Hz. Salahaddin war zum Çuma (Freitagsgebet) in der Abu l-Fazl-Moschee nach dem Gebet hielt Hz. Mevlânâ eine außergewöhnlich leidenschaftliche Predigt. Er sprach über spirituelle Zustände, über Tugenden und über die Gottesliebe seine Scheichs Hz. Sayyid Burhanaddin. Hz. Salahaddin hörte ihm aufmerksam zu als er plötzlich in der Person Hz. Mevlânâs Hz. Sayyid Burhanaddin zu erkennen glaubte. Hz. Salahaddin verlor die Kontrolle über sich und rannte schreiend auf Hz. Mevlânâ zu und fiel vor seine Füßen zu Boden.
Doch erst als Hz. Mevlana die Suche nach Hz. Schams aufgegeben hatte, erkannte er das wahre Wesen von Hz. Salahaddin Zarqubi und begann in ihm seine neuen Herzensfreund zu sehen.
Sultan Walad berichtet:
Er sagte zu seinen Freunden: „Von heute an werde ich mich nicht mehr um irgendjemand kümmern. Ich fühle mich nicht länger wie ein Scheich. Von heute an ist Salahaddin euer Scheich. So seid ihm also zu Diensten und folgt ihm.“ Er rief mich zu sich und sagte zu mir: „Schau dir Salahaddins Gesichtzüge an. Er und Schams sind eine Person. Folge nun auch du ihm.“ Gern kam ich der Aufforderung meines Vaters nach und folgte Salahaddin.
Nicht nur seine Söhne, auch Mevlânâs Schüler erkannten ihn als ihren spirituellen Meister an und folgten ihm auf dem Weg.
Von Hz. Salahaddin Zarqubi wird auch die folgende Geschichte erzählt und oft mit der Entstehung des Sema in Verbindung gebracht:
Hz. Mevlânâ kam an der Werkstatt von Salahaddin vorbei und hörte das rhythmische Schlagen der Hämmer mit dem Zikr – Allah, darüber geriet Hz. Mevlânâ in Ekstase und begann sich zu drehen. Als Salahaddin dies bemerkte, wies er seine Bediensteten an, nicht mit dem Schlagen aufzuhören und sich keine Gedanken um das Material zu machen.
Doch auch hier kam es bald wieder zu Eifersucht und Neid. Sie konnten nicht begreifen, wie sich Hz. Mevlânâ einem Analphabeten und Goldschläger zuwenden konnte. So taten sich Einige zusammen um ihn loszuwerden, ja zu ermorden.
Scheich Salahaddin war ein sehr freundlicher und umsichtiger Mensch. Im Mittelpunkt seines Lebens standen Gebet und Askese. Sein Gottvertrauen zeigte sich auch darin, wie er die Nachricht von seiner geplanten Ermordung aufnahm.
Sultan Walad schreibt in der Ibtidaname:
Er lächelte bedeutungsvoll und sagte: „Diese blinden, treulosen und brutalen Menschen kennen die Wahrheit nicht und wissen nicht, dass sich ohne die Genehmigung Allahs nicht einmal ein Grashalm im Wind beugt. Wer will es ohne Seine Erlaubnis wagen, mich zu töten und mein Blut zu vergießen.“
Hz. Salahaddin Zarqubi vermittelte sein Wissen, als besäße er einen direkten Zugang zu den Herzen. Er lehrte von Herz zu Herz ohne viele Worte.
Mit der Zeit bereuten die Neider ihre Feindseligkeiten, und ihnen wurde vergeben, so dass wieder Ruhe in Konya einkehrte.
Hz. Salahaddin und Hz. Mevlânâ verbrachten 10 glückliche und zufriedene Jahre. In dieser Zeit heiratete Hz. Mevlânâs Sohn Sultan Walad die Tochter von Hz. Salahadin, Fatima hn.
Dann wurde Scheich Salahaddin krank und starb am 29. Dezember 1258 / 1. Muharram 657.
Als Salahaddin fühlte, dass seine Zeit gekommen war, äußerte einen letzten Wunsch:
„Weint nicht um mich! Denn jener Tag, an dem ich mich mit meinem Geliebten wieder vereinigen werde, wird mein glücklichster Tag sein. Tragt meinen Sarg froh gestimmt auf den Schultern! Schlagt die Trommeln und die Tamburine und klatscht mit den Hände dazu! Tragt mich zu Grabe, und dreht euch dabei im Kreise!“
Und so geschah es dann auch.
Hz. Husamaddin Hasan Tschelebi
(Tschelebi = Titel = höflicher kultivierter Mensch)
Nach dem Tode von Hz. Salahaddin Zarqubi (k.s.) wurde Hz. Husamaddin Dschelebi seine rechte Hand und engster Vertrauter.
Seine Familie stammte ursprünglich aus Urumiyeh (Iran). Er wurde 1225 in Konya geboren. Sein Großvater Hasan war ein bedeutender Scheich und wurde Tadschaddin Abu-l Wafa genannt und war Kurde. Er starb 1107 in Bagdad. Sein Vater Muhammad war Oberhaupt der Ahis um Konya, eine Bruderschaft / Handwerkergilde des Futuwwa ( – der Tugend und Ritterlichkeit ) man nannte ihn Ahi Türk.
Hz. Husamaddin Dschelebi sollte die Nachfolge seines Vaters antreten, doch er übertrug all seinen Besitz, ließ seine Sklaven frei und wurde sein Anhänger und Schüler.
Erst 5 Jahre nach Hz. Salahaddin Zarqubis Tod, also 1263, wurde Hz. Husamaddin Dschelebi zu Hz. Mevlânâs Vertrautem und Stellvertreter, wenn schon er, als Hz. Schams noch in Konya weilte, zu seinen engsten Freunden gehörte.
So sehr vertraute Hz. Mevlânâ Hz. Husamaddin, dass er alle Spenden, die er erhielt, an Hz. Husamaddin Dschelebi weiterleitete, der sie dann wiederum an die Bedürftigen verteilte.
Hz. Husamaddin Dschelebi haben wir es zu verdanken, dass das Mesnevi geschrieben wurde. Wie es dazu kam erzählt folgende Geschichte:
Hz. Husamaddin war unzufrieden damit, dass Hz. Mevlânâs Anhänger sich so intensiv mit den Werken Hadiqa von Sana´i (gest. 1131) und Mantiq at-Tayr von Faridaddin Attar (gest. 1230) beschäftigten und wünschte sich, dass Hz. Mevlânâ auch Bücher verfasste, die sich den Grundlagen und Wahrheiten des Weges widmeten. Als er wieder einmal Hz. Mevlânâ deswegen bedrängte, zog dieser ein Blatt Papier mit den ersten 18 Versen des Mesnevi aus seinem Turban und gab sie Hz. Husamaddin mit den Worten: „Dschelebi, du wirst schreiben ich werde diktieren.“
Von nun an diktierte Hz. Mevlânâ unermüdlich viele Nächte lang fast bis zu seinem Tode und Hz. Husamaddin schrieb.
Als der 1. Band des Mesnevi fertig war, starb die Frau von Hz. Husamaddin und die Arbeit wurde unterbrochen und erst 2 Jahre danach wieder aufgenommen und dauerte dann fort bis zum 6. Band.
Hz. Mevlânâs Tod
Die Arbeiten zum Mesnevi waren abgeschlossen und Hz. Mevlânâ war müde und erschöpft und sein Körper wurde von einer letzten Krankheit ergriffen. Auch 2 seiner besten Freunde und Ärzte Akmaladdin und Gazanferi konnten keine Besserung mehr herbeiführen. Während seiner Krankheit erschütterte 7 Tage und Nächte ein Erdbeben Konya. Nach dem 7. Tag bat man Hz. Mevlânâ für ein Ende der Beben zu beten.
Er lächelte und sagte: „Habt keine Angst, die arme Erde ist hungrig. Es verlangt ihr nach einem ordentlichen Bissen. Sorgt dafür, dass sie ihn bekommt!“
Dann erteilte er den Anwesenden einige letzte Ratschläge: „Ich empfehle euch, Gott offen und im Geheimen zu fürchten. Ich rate euch wenig zu essen und zu schlafen. Haltet Euch von Sünden fern, fastet und betet, gebt euren Begierden nicht nach, seid geduldig im Verdruss und auch wenn ihr ungerecht behandelt werdet. Sucht nicht die Gesellschaft von ungebildeten Menschen und von Menschen, die nur darauf aus sind ihre Wünsche zu befriedigen, sondern haltet nach großzügigen und guten Menschen Ausschau. Denn die besten Menschen sind die, die Gutes tun. Die beste Rede ist die, die kurz ist, aber den Punkt trifft.“
Am Samstag den 16. Dezember 1273 ging es ihm besser.
Am Sonntag den 17. Dezember 1273 bei Sonnenuntergang verließ Hz. Mevlânâ diese Welt.
Am nächsten Tag wurde Hz. Mevlânâ beerdigt.
Es nahmen so viele Menschen an dem Trauerzug teil, dass es vom Morgen bis zum Abend dauerte, bis er an dem Ort, an dem das Totengebet verrichtet wurde ankam.
Scheich Sadraddin Konavi sollte das Totengebet leiten, doch nach dem „Allah hu akbar“ erlitt er einen Schwächeanfall und sank Tränen überströmt zu Boden. Stellvertretend leitete der Qadi Siradschaddin das Gebet.
Auf die Frage, warum er die Besinnung verloren habe, antwortete Sadraddin Konavi: „Als ich vor den Sarg trat, um das Gebet zu leiten, sah ich, wie sich dort eine Schar Engel aufgereiht hatten. Aus Ehrfurcht vor dem Moment wurde ich ohnmächtig.“
Hz. Mevlânâ wurde vor den Gräbern seines Vaters und Hz. Salahaddin Zarqubi beigesetzt.
…Und wenn sie meinen Leib Hz. Mevlana |
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Das Grab von Hz. Pîr Mevlânâ Muhammad Dschelâl-ed-din ar-Rumî al-Balchî [6.3.604 – 5.6.672 Hidschrî = 30.9.1207 – 17.12.1272 Miladi] [qaddasallahu sirrehu] |
Die Geschichte von Hz. Mevlânâs Katze.
Nach Hz. Mevlânâs Tod weigerte sie sich zu fressen und zu trinken und überlebte ihn nur um 7 Tage. Seine Tochter Malika Khatun wickelte die Katze in ein Tuch und begrub sie in der nähe des Grabes ihres Vaters.
Kurz vor Hz. Mevlânâs Tod war sie zu ihm gekommen und hat traurig miaut. Darauf hin hat Hz. Mevlânâ die anwesenden gefragt: „Wisst ihr, was die Katze mir anvertraut hat? Sie sagte: ‚Schon bald wirst du in deine Heimat, die Himmel, eingehen und in Sicherheit sein. Was wird nur aus mir ohne dich‘.“
Quellen:“Mewlana Dschelaleddin Rumi“ von Scheich Sefik Can (r.a.) und eigene Quellen.